Bericht

„Prävention ist alles“

2021

Eigentlich sollte Dr. Ernest Ahounou auf der Intensivstation des Universitätsklinikums Saint-Luc ‚nur’ ein Praktikum zum Thema Reanimation machen. Dieses Praktikum war durch die Unterstützung des von der König-Baudouin-Stiftung verwalteten Baele-Rémion-Fonds ermöglicht worden. COVID-19 hat dann jedoch seine Pläne und sein Praktikumsziel über den Haufen geworfen. Er möchte seine Erfahrung jetzt auch seinem Land, Benin, sowie anderen Ländern Afrikas zur Verfügung stellen.

Zu Beginn seines Praktikums auf der Intensivstation der Universitätsklinik Saint-Luc, Januar 2020, ging es Ernest Ahounou darum, seine praktischen Kenntnisse auf den Gebieten neurovaskuläre Reanimation und Stoffwechselreanimation zu erweitern. Ernest Ahounou ist Arzt, Dozent und Forscher an der Wissenschaftlichen Fakultät der Universität Abomey-Calavi in Cotonou, Republik Benin. Er ist einer der Stipendiaten des Baele-Rémion-Fonds. Dieser Fonds unterstützt vor allem die berufliche Weiterbildung von afrikanischen Anästhesistinnen und Anästhesisten, indem er ihnen ein Praktikum in einem belgischen Krankenhaus finanziert. Vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Gesundheitskrise unterstützt der Fonds seine ehemaligen Stipendiaten (fünf Ärztinnen und Ärzte aus Benin, vier aus Burkina Faso, vier aus Niger und drei aus Guinea): Die Pflegeeinrichtungen, in denen sie arbeiten, erhalten die Mittel zur Finanzierung von Beschaffung und Herstellung von Schutzmaterial gegen das Coronavirus, wie zum Beispiel Masken und hydroalkoholisches Gel.

Ein Schock

Kurz nach Praktikumsbeginn brach COVID-19 über Belgien herein und stellte die täglichen Abläufe der Intensivstation, der Ernest Ahounou zugeteilt war, auf den Kopf. Und damit natürlich auch sämtliche Pläne des Beniners. Sollte er in sein Land zurückkehren oder eher bleiben, um auf den Gebieten Prävention und Bekämpfung des Virus Wissen und Erfahrung zu sammeln? „Ich habe mich für die zweite Lösung entschieden“, erklärt er. „In Benin gibt es bereits dutzende erwiesene COVID-19-Fälle. Natürlich kann sich die Lage noch verschlechtern. Und für diesen Fall möchte ich mit meiner in Belgien erworbenen Erfahrung Afrika dienen. Afrika muss sich auf die Aufnahme von Patienten mit schweren Symptomen vorbereiten und diesbezüglich vorgreifen.“

Angesichts dieser unerwarteten Ereignisse gab es für den Arzt natürlich auch schwere Stunden: „Ich war geschockt. Selbstverständlich machte ich mir auch ein wenig Sorgen um meine eigene Gesundheit. Und ich fühlte mich allein, weit weg von meinen Angehörigen. Dank der Kommunikationstechniken konnte ich jedoch mit meiner Familie in Kontakt bleiben. Und meine Brüder haben mich auch sehr unterstützt. Jetzt bin ich wieder zuversichtlich.“

Eine unerwartete Erfahrung

Die Praktikumsziele wurden neu definiert und auf den Umgang mit der Pandemie ausgerichtet. Der beninische Praktikant nimmt unter der Leitung von Pierre-François Laterre, Chef der Intensivstation Saint-Luc an den Visiten, den Teamsitzungen und den Besprechungen zur Behandlung der Kranken teil: „Ich lerne viel über die Strategie, darüber, wie man Personal und Logistik aufstellt, um so gut wie möglich für diese Gesundheitskrise gewappnet zu sein. Die Organisation des medizinischen und paramedizinischen Personals muss genau geregelt sein. Es muss sichergestellt sein, dass ausreichend Leute an der Front sind, und die Anzahl der verfügbaren Betten muss der Pandemieentwicklung angepasst werden. Des Weiteren gilt es, unaufhörlich die therapeutische Betreuung, die Behandlung und die Beatmung im Auge zu behalten: Man darf nichts vernachlässigen.“

Prävention ist alles

Während seines Praktikums und anhand der Erfahrung auf dem Gebiet der Behandlung von COVID-19-Patienten gelangt Ernest Ahounou zu folgender Überzeugung: Sollte Benin oder ein anderes afrikanisches Land schwer von der Pandemie getroffen werden, so wäre das jeweilige Land in einer sehr komplizierten Situation. „In den reichen Ländern kostet die Beatmung der an COVID-19 Erkrankten viel Geld, und das für ein relativ enttäuschendes Ergebnis, denn die Sterberate ist hoch. In Afrika wäre dies dramatisch.“ Und der junge Arzt fügt noch hinzu: „In meinem Land gibt es keine soziale Absicherung, keine Krankenversicherung: Versorgung und Medikamente gehen zu Lasten der Kranken, die solche Kosten nicht stemmen können. Und dabei geht es noch nicht einmal um Reanimation: Ohne öffentliche Gelder seitens der politischen Entscheidungsträger ist ein Scheitern auf diesem Gebiet vorprogrammiert.“ Ernest Ahounou geht es also darum, bei den afrikanischen Regierungen Bewusstsein für zwei Punkte zu schaffen, die seiner Meinung nach wesentlich sind: Einerseits die Bedeutung der Prävention und die damit einhergehenden Kosten. Andererseits die Notwendigkeit der Übernahme der Kosten für die Reanimation der am Coronavirus Erkrankten. „Afrika muss seine Mittel auf die Prävention setzen, das heißt auf Hygiene und das Tragen von Masken. Und es muss die wenigen Pflegekräfte, über die es verfügt, schützen, indem es ihnen eine angemessene Schutzausrüstung zur Verfügung stellt.“

Diesbezüglich hat Professor Baele, Gründer des Baele-Rémion-Fonds übrigens eine Plattform eingerichtet, auf der Narkoseärztinnen und -ärzte aus 16 afrikanischen Ländern Informationen austauschen und wissenschaftliche Artikel und Dokumente teilen können. Gegenwärtig ist COVID-19 dort Hauptthema Ernest Ahounou und einige seiner Kollegen, die sich zu den COVID-19-Abläufen und Protokollen weitergebildet haben, stellen auf dieser Plattform Informationen zur Behandlung von Kranken, Intubationssimulationen und für den Umgang mit der Pandemie nützliche Dokumente ein.

„Ich lerne sehr viel über Strategie und Organisation, um so gut wie möglich für die Gesundheitskrise gerüstet zu sein.“
Dr. Ernest Ahounou
Arzt und Stipendiat aus Benin

„Mir ist klar, sollte die Pandemie Afrika hart treffen, dann kann ich auf verschiedenen Ebenen nützlich sein“, sagt Ernest Ahounou abschließend. „Damit es aber gar nicht soweit kommt, mache ich alles mir Mögliche, um die Regierungen davon zu überzeugen, dass wir zu hundert Prozent auf die Prävention setzen sollten. Das ist von wesentlicher Bedeutung, davon bin ich überzeugt.“

Über den Baele-Rémion-Fonds

Dieser Fonds wurde innerhalb der König-Baudouin-Stiftung von Professor Philippe Baele ins Leben gerufen und unterstützt die berufliche Weiterbildung von Anästhesisten oder Schlüsselakteuren auf dem Gebiet der Transfusion in Entwicklungsländern, hauptsächlich in Afrika und Lateinamerika. Zu diesem Zweck vergibt er Stipendien, die es ausgewählten Kandidatinnen und Kandidaten ermöglichen, eine für die Ausübung oder Entwicklung ihres Berufs nützliche Zusatzausbildung zu erwerben, beispielsweise durch die Finanzierung von Kurzaufenthalten an einer belgischen Universität oder in einem belgischen Krankenhaus. Seit 2014 hat der Baele-Rémion-Fonds 30 Stipendien mit einem Betrag von über 160.000 Euro ermöglicht.

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