„Wir sind alle unterschiedlich!“
Das Zentrum für Förderpädagogik setzt auf berufliche Integration von Jugendlichen mit einer Autismus-Spektrum-Störung
Mit der Unterstützung der ICT Community for ASD Fund hat das Zentrum für Förderpädagogik ein ehrgeiziges Projekt gestartet um Menschen mit einer Autismus-Spektrum-Störung (ASD) die Inklusion ins Leben und die Gesellschaft zu ermöglichen und die Integration zu fördern. Hierbei konzentriert sich das ZFP mittels individuell-spezifisch ange-passter Betreuung auf die berufliche Orientierung sowie die sozio-professionelle Integration von jungen Menschen.
Jede Person ist anders
„Wir arbeiten individuell, da sich Autismus in seiner Bandbreite vielschichtig und unterschiedlich darstellt. Nach einem Ersttermin mit den Eltern, dem Jugendlichen, dem Lehrer und dem Integrationspädagogen skizzie-ren wir einen konkreten Weg, der als Ziel für die berufliche Zukunft dient“, so Alizée Simonis. Jeder Mensch mit Autismus sei anders und einzigartig. Gemeinsam ist den Formen des Autismus, dass qualitative Beeinträchti-gungen in den Bereichen „soziale Interaktion“, „Kommunikation“ und „spezifische, repetitive Verhaltensweisen und Interessen “ bestehen. Gerade dies erweise sich bei Ausbildung und Jobsuche als Hemmschuh. „Mit „Autis-tisches Spektrum“ wird ausgedrückt, dass Auffälligkeiten und Schwierigkeiten in diesen Bereichen bei vielen Menschen mit Autismus vorhanden sind, dass andererseits aber die individuelle Ausprägung sehr unterschied-lich sein kann“, erklärt Alizée Simonis. Die Grenzen zwischen den verschiedenen autistischen Formen seien fließend, ebenso die Grenze zur „Normalität“. Etwa die Hälfte der Menschen mit Autismus weisen eine zusätzli-che intellektuelle Beeinträchtigung auf, während andere Autisten als hochbegabte Menschen bezeichnet wer-den können. Das renommierte Autea-Institut in Gelsenkirchen geht davon aus, dass 1% der Gesamtweltbevölke-rung autistisch ist.
Diversität als Jobtrumpf
Das ZFP-Projekt möchte mit Vorurteilen brechen und Arbeitgeber von den Vorteilen der Arbeit mit Autisten überzeugen. Jugendliche mit diagnostiziertem ASD werden in diversen Schulformen unterrichtet, was wiede-rum die Diversität unterstreicht. „Wir haben Jugendliche, die dem Regelunterricht am Gymnasium folgen und ihr Abitur machen, während wir andere in unseren angepassten Schulen unterrichten und fördern. Wir arbei-ten eng mit Lehrern und Eltern zusammen und bieten Hilfen an, so dass diese Jugendliche enorme Fortschritte machen. Leider erkennen der Arbeitsmarkt sowie auch die Hochschulen und die Unis das enorme Potenzial dieser Jugendlichen oft nicht, so dass es selten zu spezifischen, den Bedürfnissen dieser Menschen entspre-chenden Anpassungen kommt. Gerade hier möchten wir anknüpfen indem wir die Jugendlichen mit Hochschu-len und Unternehmen zusammenbringen und eine konsequente Begleitung garantieren. Genau wie andere Jugendliche auch haben Menschen mit Autismus das Recht auf eine berufliche Zukunft, in der sie sich entwi-ckeln, fortbilden und sich wohl fühlen", bemerkt Alizée Simonis weiter.
Über den eigenen Tellerrand schauen
Beim Bundesverband Autismus Deutschland und der Referentin Kristina Beese, folgte Alizée Simonis als Jobcoach-Sozialarbeiterin einer online-Fortbildung. „Natürlich haben wir auch zuvor mit Menschen mit Autis-mus gearbeitet und sie für einen Berufseinstieg fit gemacht. Ich merkte, dass ich bei der Begleitung an meine Grenzen stieß, zumal jede Person mit Autismus spezifische Bedürfnisse hat. Dieser Workshop hat mir neue Per-spektiven aufgezeigt“, erklärte Alizée Simonis. Dieses Weiterbildungsangebot soll im September weitere Perso-nalmitglieder erreichen. „Hierfür haben wir Präsenzweiterbildungen mit Kristina Beese vorgesehen“, so ZFP-Direktor Dirk Schleihs. Besonders erfreulich sei die große Akzeptanz der Unternehmer und Betriebe. „Wir ver-fügen über ein großes Netzwerk und stoßen bei der Suche nach geeigneten Jobs auf offene Ohren. In Ostbelgi-en kennt jeder jeden, so dass sich eine Praktikumakquise als recht einfach erweist. Im Vergleich zu NRW und Wallonie sind die Vermittlungsquoten in der DG exzellent“, stellte Dirk Schleihs klar.
Hand in Hand mit allen Partnern
Natürlich herrsche in der DG ein raues Arbeitsklima; es werde viel von Arbeitnehmern gefordert, Flexibilität und Anpassungsfähigkeiten bilden Trümpfe, während die Unternehmen auch die eigene Wirtschaftlichkeit im Auge behalten. „Das sind Faktoren, die bei der beruflichen Eingliederung eine Rolle spielen. Wir suchen nach so genannten Nischenarbeitsplätzen, die den Kompetenzen unserer Jugendlichen entsprechen. Dadurch schaf-fen wir einen Kompromiss und gleichzeitig eine Win-Win-Situation auf der der weitere Erfolg für den Arbeit-nehmer und den Betrieb aufgebaut werden kann“, äußert sich Alizée Simonis weiter. Das ZFP setzt auch auf Know-how von außen. „Autea ist seit vielen Jahren im Bereich ASD aktiv und bietet Mittel und Instrumente, die auch in Ostbelgien einsetzbar sind. Das Jobcoaching funktioniert in Deutschland schon lange, so dass wir Erfah-rungswerte gezielt nutzen sollten“, so Dirk Schleihs.
Weiterbildung und Öffentlichkeitsarbeit
Für Alizée Simonis ist das der besonders spannende Teil ihrer Arbeit. „Wir sind alle unterschiedlich; mit klei-nen individuellen Anpassungen können wir alle mit ins Boot nehmen. Die Bausteine sind vorhanden und müs-sen nur genutzt werden“. Definition persönlicher Eigenschaften, Analyse der Wünsche, Stärken und Ziele sowie die Bewerbung und das Jobtraining stehen im Fokus. Der Jugendliche wird für den Beruf, für das Unternehmen sensibilisiert und verliert die Scheu. Die Begleitung im Betrieb stärkt erforderliche Arbeitsprozesse mit dem Aufbau eines Vertrauensverhältnisses, das bis zur beruflichen Eingliederung führt. Die Unterstützung der KBS sei eine „willkommene Anschubhilfe“, ist man sich der „langfristigen Arbeit“ im Klaren. „Parallel zur Ausbil-dung intensivieren wir unsere Öffentlichkeitsarbeit. Mit unserem Imagefilm, sowie Flyern und Broschüren möchten wir auf die berufliche Integration von Jugendlichen mit Autismus-Spektrum-Störungen hinweisen und neue Perspektiven schaffen. Wir setzen auf Bildungsinstrumente mit denen Schulen und Betriebe effizienter mit ASD-Jugendlichen arbeiten können“, so die Projektautorin abschließend.
Beruf, der Freude macht
Die 20-jährige Schülerin mit Autismus Lanou wird seit 3 Jahren vom ZFP betreut. „Seit einem halben Jahr bin ich in der beruflichen Orientierung integriert. Meine Vorlieben sind Computer und Büroarbeiten“, so Lanou, die von Alizée Simonis auf das Praktikum vorbereitet wird. „Neben der Suche einer Praktikumstelle geht es um ein gelungenes Vorstellungsgespräch, um eine ansprechende Bewerbungsmappe und auch um regelmäßige Begleitung. Seit 3 Wochen arbeite ich in der Mediothek der PDS; die Arbeit mit Büchern und das Einordnen macht mir Riesenspaß. Am Ende des Praktikums steht ein Bilanzgespräch“, erklärt Lanou weiter, die sich selbst als ein Mensch sieht, der nicht zu viele Kontakte braucht und somit als Einzelgängerin bezeichnet wird. Ihre Zukunft sieht Lanou in der Mediathek: „Die Arbeit bereitet mir eine Riesenfreude und ich hoffe, dass ich nach dem Praktikum übernommen werde. Das wäre toll, ich glaube, dass es klappt und bin optimistisch. Ich wün-sche mir einen Job, der mir Freude und Spaß bereitet. Persönlich möchte ich selbständiger werden, auch wenn ich mir das nicht so richtig vorstellen kann. Vielleicht gelingt es mir auch, mit Freunden und Kollegen offener zu werden. Das wäre ein großer Schritt und ein großer Erfolg zugleich“.
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