EPIM COVID-19-Initiative: Solidarität mit den Schwächsten, die in Griechenland Zuflucht suchen
In den Flüchtlingslagern in Griechenland trifft die Coronakrise eine bereits geschwächte Bevölkerungsgruppe sehr hart. Der vom Europäischen Programm für Integration und Migration (EPIM, eine unter anderem von der König-Baudouin-Stiftung ins Leben gerufene Initiative) bereitgestellte Notfonds unterstützt die Arbeit von acht NRO auf den griechischen Inseln.
In den übervollen Lagern Griechenlands ist die COVID-19-Krise noch eine zusätzliche Krise zu der ohnehin schon schweren Lage. Nach dem finanziellen Zusammenbruch des Landes und den anschließenden Mühen, der großen Anzahl schutzloser Menschen, die an seinen Küsten Zuflucht suchen, gerecht zu werden, stellt die gegenwärtige Gesundheitskatastrophe eine riesige medizinische, politische und gesellschaftliche Herausforderung dar.
Gegenwärtig sitzen mehr als 40.000 Menschen auf den griechischen Inseln fest, erklärt Elli Xenou von der NRO Ärzte der Welt, die Flüchtlingslager sind bis über die Belastungsgrenze belegt. Im Auffanglager Moria auf Lesbos sind gegenwärtig 19.000 Menschen untergebracht, und das obwohl seine Aufnahmekapazität unter 4.000 liegt. Das Flüchtlingslager auf Samos ist eigentlich für knapp 1.000 Menschen gedacht, nimmt jetzt jedoch über 6.000 auf.
‚Der Zugang zu den grundlegenden Leistungen war bereits gefährdet’, sagt Xenou. ‚Die Lebensbedingungen waren auch vorher schon schlecht. Die Bekämpfung eines Ausbruchs unter derart übermächtigen Bedingungen ist offensichtlich eine noch schwierigere Aufgabe, die zusätzliche Risiken birgt.’ Für diejenigen, die an der Front arbeiten, ist es unter den gegebenen Umständen fast unmöglich, angemessenen Schutz, medizinische Versorgung, Unterstützung und die Einhaltung der Abstandsregeln zu gewährleisten.
Ärzte der Welt ist eine der vom Europäischen Programm für Integration und Migration (EPIM, eine unter anderem von der König-Baudouin-Stiftung ins Leben gerufene Initiative) unterstützten NRO. Angesichts der andauernden Coronakrise hat das EPIM einen Notfonds in einer Höhe von 150.000€ bereitgestellt, mit dem es griechische Organisationen unterstützt, die Kindern und Erwachsenen in prekärer Lage medizinisch, juristisch und sozial beistehen.
‚Wir machen uns große Sorgen’
COVID-19 richtet weltweit Chaos und Verwüstung an, die Gesundheits- und Wohlfahrtssysteme kämpfen, um die Lage unter Kontrolle zu bekommen. Die schwächsten Bevölkerungsgruppen - Roma, Gefängnisinsassen, Obdachlose, Drogenabhängige, Geflüchtete und Migranten - stehen dieser jüngsten Katastrophe am wehrlosesten gegenüber.
Laut den offiziellen Vorgaben dürfen Geflüchtete das von der Regierung geleitete Auffanglager Moria nicht verlassen. Der Mangel an Trinkwasser, medizinischer und psychologischer Unterstützung, zusammen mit der unzureichenden Anzahl von Toiletten und Duschen machen eine Einhaltung der Hygiene- und Abstandsregeln zur Bekämpfung des Virus daher fast unmöglich. Gleichzeitig werden alle Asylbewerber, die auf Lesbos ankommen, z.B. an Stränden und in leerstehenden Gebäuden in Quarantäne gesteckt, die nur beschränkt Zugang zu medizinischer Versorgung oder Grundversorgung bieten.
Erschwerend kommt noch hinzu, dass Ausländerfeindlichkeit und die Ablehnung von Migranten seit dem Ausbruch des Coronavirus stark zugenommen haben. In drei Auffanglagern ist Feuer ausgebrochen und auch die Räumlichkeiten verschiedener NRO wurden niedergebrannt. Mitarbeiter von NRO wurden angegriffen und es kommt häufig zu Übergriffen gegenüber Geflüchteten.
‚Trotz der weit verbreiteten Auffassung, dass es einen Zusammenhang zwischen mobilen Bevölkerungsgruppen und der Einschleppung oder Verbreitung übertragbarer Krankheiten gibt, liegt keine systematische Korrelation zwischen beiden vor’, sagt Xenou. ‚Es ist jedoch erwiesen, dass übertragbare Krankheiten in erster Linie mit Armut, schlechten Lebensbedingungen und dem Ausschluss von lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen zusammenhängen.’
Der Beitrag von EPIM wird Ärzte der Welt bei der Verteilung von Hygienekits und Gesundheitsmaterial, der Ausweitung der medizinischen Versorgung und der Bereitstellung von Schutzausrüstung für die Mitarbeitenden vor Ort unterstützen.
Härtere Umstände
Das unabhängige Lager Pikpa der NRO Lesvos Solidarity auf Lesbos berichtet von ähnlichen Herausforderungen. Für den Fall, dass manche seiner 85 Einwohner, worunter viele Kinder oder Menschen mit Behinderung, an dem Virus erkranken, wurden dort abgeschiedene Unterkünfte errichtet. Des Weiteren berichtet Lesvos Solidarity auch von Angriffen gegen seine ehrenamtlichen Mitarbeiter und die Bewohner des Lagers Pikpa sowie von Drohungen. Dank des EPIM-Notfonds wird das Lager einen Krankenpfleger einstellen, das Lager dekontaminieren und zusätzliche Sanitäranlagen bereitstellen können.
Die Athener zivilgesellschaftliche Organisation Human Rights 360 hat inzwischen angefangen, sich für den Zugang zu Rechten und Justiz als Mittel für gesellschaftlichen Zusammenhalt einzusetzen. Gegenwärtig bietet die Organisation 40 unbegleiteten Migrantenkindern und 20 wehrlosen Erwachsenen Rechtsbeistand. Die zusätzlichen Mittel vom EPIM werden für den Gang vor griechische Gerichte und vielleicht auch vor den Europäischen Menschenrechtshof genutzt. Durch den zusätzlichen Sozialarbeiter kann die doppelte Anzahl Personen unterstützt werden.
‚Diesen Monat war der Zustrom von Land aber auch über die Seegrenzen sehr gering’, sagt ein Sprecher. ‚Gegenwärtig sind die Asyldienststellen in Griechenland wegen COVID-19 bis zum 15. Mai geschlossen. Wir gehen davon aus, dass die Anzahl der Fälle nach der Rückkehr in eine gewisse Normalität im Mai stark ansteigen wird, und das alles in einem härteren rechtlichen und politischen Rahmen. Ohne Anwalt, der die Verfahrensakte zusammenstellt und Druck in der Angelegenheit macht, können die Kinder nicht aus dem Auffanglager in eine Unterkunft oder zu ihren Familien nach Europa gebracht werden.’
Mit den vom EPIM bereitgestellten Notfonds können auch die NRO METAdrasi, Griechischer Flüchtlingsrat GCR, Griechisches Flüchtlingsforum, Lesvos Solidarity, Starfish Foundation und AITIMA ihre wichtige Arbeit fortsetzen und erweitern.
Über das EPIM Aufgabe des Europäischen Programms für Integration und Migration (EPIM) ist es, die Rolle der Zivilgesellschaft bei der Fürsprache für konstruktive Migrationsansätze in Europa zu stärken. Die König-Baudouin-Stiftung gehört zu den Gründungsmitgliedern des EPIM, das aus 13 Partnerstiftungen und 11 assoziierten Stiftungen besteht.