Europäer:innen haben Angst, unterstützen jedoch Ukraine gegen Russland - Umfrage
Die Mehrheit der EU-Bürger:innen, darunter 64 % der Belgier:innen, betrachten den Einmarsch Russlands in die Ukraine als einen Angriff auf ihre eigene Region und unterstützen die ukrainische Reaktion, da die Ukraine nicht nur sich selbst, sondern auch Freiheit und Wohlstand in ganz Europa verteidigt. Zwei Drittel der Befragten sehen die Welt als gefährlich und beunruhigender als in der Vergangenheit an, doch diese Ängste haben wenig Einfluss auf ihre Einstellung zur Konfrontation mit Russland. Ein Jahr nach Beginn des Krieges sind die Belgier:innen weitgehend mit ihren Nachbarn einer Meinung, auch wenn sie etwas weniger bereit sind, Moskau die Schuld an dem Konflikt zu geben.
Dies sind die Ergebnisse einer EU-weiten Umfrage, die im Dezember von eupinions, dem europäischen Meinungsforschungsinstrument der Bertelsmann Stiftung, durchgeführt und in Zusammenarbeit mit der König-Baudouin-Stiftung veröffentlicht wurde. Europaweit stimmten 68 % der Befragten der Aussage zu, dass Russland mit seiner Aggression gegen die Ukraine ganz Europa angegriffen habe. Diese Zahl war in sieben Ländern, in denen die Umfragen gesondert durchgeführt wurden, sowie in der gesamten Union weitgehend einheitlich. In Belgien waren 64 % dieser Ansicht, in Spanien und Polen waren es sogar fast 80 %.
„Diese Einigkeit ist ein wichtiges Signal“, sagt Isabell Hoffmann, Europa-Expertin der Bertelsmann Stiftung und Leiterin von eupinions.
„Gemeinsame Werte sind ein Eckpfeiler der Unterstützung der EU und ihrer Mitgliedsstaaten für die Ukraine. Je länger sich der Krieg hinzieht, desto wichtiger ist es für die Ukrainer:innen zu wissen, dass die Mehrheit der EU-Bürger:innen ihre Leistungen anerkennt.“
60% Prozent der Belgier:innen - und 61 % der Europäer:innen - glauben, dass die Ukraine gewinnen wird.
Drei Viertel der Wähler:innen in der EU und in Belgien, mit anderen Worten 75 %, sind der Meinung, dass es allein Sache der Ukrainer:innen sein sollte, den Zeitpunkt für Verhandlungen zu entscheiden. Die Italiener:innen sprachen sich am wenigsten für das Recht der Ukraine aus, das Heft in die Hand zu nehmen. Dort waren 65 % der Meinung, dass es allein Kiew obliege, den Zeitpunkt der Aufnahme von Gesprächen zu bestimmen. Dieser Anteil liegt bei 81 % in Frankreich und 87 % in Polen. Die Italiener:innen waren auch am wenigsten der Ansicht, dass Russland für den Konflikt verantwortlich sei. 54 % gaben Moskau die Schuld, während 28 % die Vereinigten Staaten, die NATO oder die Ukraine selbst dafür verantwortlich machten. Insgesamt geben 11 % der EU Bürger:innen Washington die Schuld am Krieg und jeweils 5 % der NATO oder der Ukraine. In Belgien waren 14 % bezüglich der Frage der Verantwortung unschlüssig und 24 % gaben nicht Russland, sondern der Ukraine (8 %), der NATO (8 %) oder den USA (8 %) die Schuld.
Ein wichtiges Ziel der Umfrage war es, die Bereitschaft der Europäer:innen zur Inkaufnahme von Risiken und Entbehrungen für die Unterstützung der Ukraine zu testen. Zu diesem Zweck wurde eine Gruppe von als „ängstlich eingestuften“ Befragten herausgefiltert, d. h. diejenigen, die der Meinung sind, dass die Welt ein gefährlicher Ort sei und früher alles besser war. Diese Gruppe machte 66 % aller Befragten aus, wobei die Belgier:innen mit 61 % etwas weniger ängstlich waren. Nur 6 % der Europäer:innen und 8 % der Belgier:innen stimmten keiner der beiden Aussagen zu. Bei der Aufschlüsselung der Antworten aus der Gruppe der „ängstlichen“ Europäer:innen kam es jedoch kaum zu Meinungsänderungen über den Krieg.
„Der Grad der Besorgnis ist im Moment außergewöhnlich hoch. Angesichts der Brutalität des Krieges, des hohen Blutzolls und der allgemeinen Bedrohung ist dies keine Überraschung. Wirklich bemerkenswert ist jedoch, dass die ängstlichsten Menschen die Ukraine genauso unterstützen wie die EU-Bürger:innen insgesamt“, sagt Hoffmann. „Unsere Daten deuten nicht darauf hin, dass dieses hohe Maß an Angst mit einer schwächeren Unterstützung für die Ukraine in ihrem Kampf um Unabhängigkeit und Selbstbestimmung zusammenhängt.“
Ein Bereich, in dem die Meinungen gleichermaßen geteilt waren, betraf die wirtschaftlichen Sanktionen gegen Russland. Während sich jede:r fünfte Europäer:in nicht entscheiden konnte, ob diese wirksam sind oder nicht, waren genau 40 % der Meinung, dass sie wirksam sind, und 40 % vertraten den gegenteiligen Standpunkt. Die Belgier:innen ließen etwas weniger Skepsis walten: 36 % glauben, dass die Sanktionen nichts bringen, während 41 % sie für wirksam halten.
Zusätzliche Informationen
eupinions ist das europäische Meinungsforschungsprojekt der Bertelsmann Stiftung, das gemeinsam mit Dalia Research entwickelt wurde. Das Programm befragt regelmäßig Bürger:innen aus allen EU-Mitgliedstaaten zu Themen, die auf europäischer Ebene von Bedeutung sind. Ausführliche Informationen zur Methodik der Umfrage finden Sie in der
Veröffentlichung.
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